„Mut zur Freiheit“, drei Sprechkunststudierende der HMDK unterziehen sich gemeinsam mit der Projektverantwortlichen Sabine Wandelt-Voigt einem „Selbstversuch in Demokratie“.
In drei Klausuren in Selbstversorgerhäusern, zusammengelebt für 5, 3 und einmal 7 Tage, in einer „all-leadership“-Methode den Tag miteinander strukturiert. Eine Gesprächskultur geübt, die einräumt, wenn Positionen zu verhärten drohen, sich aus der Identifizierung mit den eigenen Vorstellungen so weit zu lösen, dass jede/r sich selber regulieren konnte, ohne etwas zu unterdrücken und dadurch ein wahrhaftiger Workflow wieder möglich wurde.
Ihr PRINZIP: Gründliche Ensemblebildung als Form für den Inhalt des Mottos: Freiheit & Demokratie. Dieser Konsequenz verdanken sie die Wirkung auf Oberstufenschüle:innen: „wie die die ganze Zeit so zusammen, so aufeinander... wow!“
Schlicht ist die Performance, in die die Texte musikalisch eingebettet sind vom Contrabassspiel der Studentin und der Klavierbegleitung der jungen Männer; – immer im Dienste der Sprache, die umso eindringlicher zur Geltung kommt. Schnell wird klar: Wenn es um die Fragen nach Freiheit und Demokratie geht, muss der Mensch im Mittelpunkt stehen. Und mit dem Menschen die Frage nach Wahrhaftigkeit, Kreativität und schöpferischem Ausdruck. Wie nah die Performance dabei am Zeitgeschehen ist, zeigt sich schon zu Beginn, wenn Hilde Domin fordert, das Runde rund, das Eckige eckig zu nennen. Wahrhaftigkeit als Voraussetzung für eine gelingende Demokratie.
Die Intensität des Auftakts steigert sich mit Herta Müllers Ausführung zur Menschenwürde, macht schmerzlich das Auseinanderklaffen von Ideal und Wirklichkeit spürbar und entlädt sich befreiend in einem Wut-Tanz. Man spürt die Auseinandersetzung mit Transgenerativen Traumata als Hinderung freier Demokratiefähigkeit; folgt dem subtilen Aufzeigen patriarchaler Unterdrückungsmechanismen in Olga Tokarczuks Romans EMPUSION, der in dieses Gewebe eingeflochten ist.
Die kreative Form und der geistreiche Inhalt verbinden sich bei „Mut zur Freiheit“ authentisch zu einem Gesamtkunstwerk, das den Abend zu einem bewegenden Erlebnis werden lässt.
Fotos: Julia Ochs