Geschrieben hat die Konstanzerin schon immer – egal ob Gedicht, wissenschaftliche Arbeit oder Radio-Beitrag. Nachdem sie aus dem ostdeutschen Halle an den Bodensee zurückgekehrt ist, fand die Genre-Springerin zu ihrem Lieblingsgenre: dem freien Roman. Seitdem hat sie einige Romanbiografien, freie Romane und Sammelbände veröffentlicht.
Schon früh zog sich die Literatur als roter Faden durch Chris Inken Soppas Leben. Dass Bücher schreiben und übersetzen auch ihr Beruf wird, ahnt sie als Kind noch nicht. Dennoch entwickelt die junge Chris Inken früh einen literarischen Geschäftssinn: So verkauft sie als Zweitklässlerin kleine Gedichte für fünf Pfennig an Klassenkameradinnen und Kameraden. Mit zwölf Jahren schreibt sie ihren ersten Roman und kann sogar eine Klassenkameradin dafür gewinnen, ihn ihr auf der Schreibmaschine abzutippen. Alles, was ihr in die Hände fiel, wurde Material für eine neue Geschichte. Die gebürtige Münchnerin lacht, als sie sich an ihre ersten Geschichten erinnert: „Ich habe einmal eine Fortsetzung von einem alten Buch meiner Mutter, ‚Die Mädels vom Immenhof‘, geschrieben“.
Genre-Springerin von Klein an
An Veröffentlichungen denkt sie damals noch nicht. Sie beginnt ihr Studium der Anglistik und Romanistik an der Universität Konstanz und zieht für ein Auslandssemester nach Dublin. Dort, am Trinity College, belegt sie Kurse des Kreativen Schreibens und schreibt einige englische Kurzgeschichten. Und auch ihr Tagebuch führt sie eine Zeitlang auf Englisch.
Zurück in Deutschland entwickelt sich ihr Schreiben dann nach dem Studium nochmals in eine ganz andere Richtung: „Ich wollte unbedingt etwas anderes machen als akademische Texte schreiben“, erzählt Soppa, „etwas machen, das die Leute wirklich erreicht“. Dadurch landet sie in Halle beim Mitteldeutschen Rundfunk. Sie lernt als Radio-Nachrichtenredakteurin das radiofone Schreiben, bei dem man präzise und auf den Punkt schreibt.
Als sie 1999, fünf Jahre später, nach Konstanz zurückkehrt, findet sie zum Kreativen Schreiben zurück. Die Heimkehrerin wagt einen Ausflug ins Science-Fiction-Genre. Dennoch bleiben ihre beiden ersten Romane unveröffentlicht. 2010 stößt sie auf edition karo, einen kleinen Verlag in Berlin. Dies stellt sich als ein echter Glücksfall heraus: Noch im selben Jahr verlegt edition karo ihren Roman „Unter Wasser“. In den nächsten Jahren probiert sich die Autorin weiter aus. Man kann sie als echte Genre-Springerin bezeichnen: „Ich möchte immer neue Formen ausprobieren, nicht immer dasselbe Genre bedienen“, bekräftigt Soppa.
Ein Alltag voller Geschichten in der Vergangenheit und Gegenwart
Dennoch hat sie ein Lieblingsgenre – die freien Romane. Dies liegt auch an ihrem Freiheitsverständnis als Schriftstellerin: „Theoretisch kann man als Autorin alles machen und muss nicht die Wünsche anderer erfüllen“. Darum gehe es ja auch im Leben: sich freizumachen von der Meinung anderer und für sich selbst und sein Umfeld einzustehen.
Für freie, experimentelle Texte und das sich literarisch Neu-Erfinden hilft es Soppa, sich mit anderen Schreibenden auszutauschen. Aus diesem Grund ist sie Teil der Meersburger Runde, eine Autorinnen- und Autorengruppe am Bodensee, die Lesungen organisiert und Anthologien sowie das literarische Jahresheft Mauerläufer veröffentlicht. „Auf der Meersburg lesen wir uns auch unveröffentlichte Texte vor und dann fallen die anderen darüber her“, schmunzelt Soppa. Mittlerweile ist sie Redakteurin des Mauerläufers und wählt Texte anderer Autorinnen und Autoren aus. Natürlich schreibt sie aber weiterhin auch selbst für das Jahresheft.
Eher zufällig stößt Soppa in den Folgejahren ihrer Rückkehr an den Bodensee auf immer mehr Protagonistinnen und Protagonisten, die hier lebten. Von 2014 bis 2018 erinnert die Stadt Konstanz an „600 Jahre Konstanzer Konzil“. Im Rahmen der Feierlichkeiten entstehen auch für Soppa und ihren Mann, dem Illustrator Ralf Staiger, einige (gemeinsame) Kooperationen, wie ihr Konzils-Abenteuer „Kaspar und die verschwundene Riechkugel“. Während der Recherche für das Kinderbuch stoßen sie auf den Konstanzer Kaufmann Lütfrid II., auch der Große Muntprat genannt. Als ihnen im Stadtarchiv die Steuerbücher von 1418 in die Hände fallen, ist die nächste Geschichte gefunden. „Wenn so viele Spuren von einem Menschen, der vor 600 Jahren gelebt hat, erhalten sind, muss man einfach etwas daraus machen“, so Soppa. Die Arbeit an dem Buch prägt ihr Schreiben. Zum einen, da sie fünf Jahre intensiv daran arbeitet. Vor allem aber, weil sie ihren Schreibstil radikal an die Zeit des späten Mittelalters anpassen muss. So verbannt sie alle modernen Wörter und Anglizismen aus ihrem Wortschatz. Mittelhochdeutsche Wörter, die sie in Archiven findet, übernimmt sie dagegen. Langfristig ist ihr Schreiben dadurch präziser geworden, reflektiert Soppa.